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Seit dem Spätmittelalter waren Handwerker auf die Herstellung von Leder spezialisiert. Es werden drei Produktionsarten unterschieden:

1. Die Rot- oder Lohgerber

Sie gerbten die Felle mit einer aus Eichen- und Fichtenrinden angesetzten Brühe, der Lohe. Aus dem fertigen Leder wurden Schuhe, Sättel und Zaumzeug hergestellt.

Daher rührt auch der Name unserer Mühle: die Lohmühle. Sie diente ursprünglich dazu, die Baumrinden von Fichte und Eiche zu mahlen, um daraus die Lohe herzustellen. Damit muß es auch in Wittislingen den Beruf des Lohschälers gegeben haben.

2. Die Weißgerber

Sie gerbten die Felle mit einem Salz, dem Alaun. Diese Art der Gerbung war besonders für feine Leder geeignet, wie Kalbs-; Schafs- und Ziegenhäuten. Daraus gewannen die Gerber Leder vor allem für Bekleidung.

3. Die Sämischgerber

Sie stellten durch Walken mit Tran und Fett wasserdichte Leder her.

Waren die Gerber zunächst in einer Zunft vereinigt, kristallisierten sich schon ab dem 14. Jahrhundert, vor allem in den großen Städten der damaligen Zeit, wie Lübeck; Frankfurt und Straßburg Zünfte aus den jeweilig genannten Produktionsarten heraus.

Vier Arbeitsschritte waren notwendig um Leder herzustellen:

1. Der erste Schritt auf dem Weg vom Fell zum Leder war die Konservierung der Häute mit Salz. Dabei wurden die Fleischseiten mit einer dicken Salzschicht überzogen und etwa einen Monat lang im Stall zusammengeklappt gelagert.

2. Die Aufbereitung der Häute in der Wasserwerkstatt. In großen Wasserkästen wurden etwa 20 Häute je drei bis vier Tage lang jeden Tag aufs Neue mit frischem Wasser eingeweicht und gewaschen. Dann wurden sie auf dem Schabebaum von Fleisch und Fettresten mit dem Scherdegen befreit. Für das entfernen der Haare wurde entweder Urin, das Räuchern oder gebrannter Kalk verwendet.

3. Der Gerbvorgang in den Gruben. Anschließend wurde das Material durch eine Salzsäurelösung gezogen. In den sogenannten Farbgängen, mit milder Gerbsäure, wurden die Häute dann zunächst leicht angegerbt, später in den Gerbgruben einzeln mit einer Schicht Lohe überzogen und aufeinandergeschichtet. Für einen Zentner (50 kg) Leder wurden bis zu 5 Zentner Lohe benötigt. Je nach Stärke der Häute konnte der Gerbprozess auch ein Dreivierteljahr oder länger dauern. Nach jeweils drei Monaten wurde das Material immer gewendet und die verbrauchte Lohe ausgetauscht. Die Gruben waren etwa drei Meter tief und hatten einen Durchmesser von etwa zwei Metern.

4. Das Zurichten der gegerbten Häute. Nach mehrmaligem Waschen mit frischem Wasser schließlich, wurden die gegerbten Häute auf dem großen Granittisch abgebürstet und durchgeschnitten. Anschließend wurden sie zum trocknen aufgehängt. Je nach Lederart wurde es gefalzt, geschmiert, mit einem Eisen gestoßen oder blanchiert. Die gebrauchte Lohe wurde gepresst und getrocknet und dann als Heizmaterial verwendet.

Gerber brauchten wegen ihres Produktionsprozesses die Nähe zum Wasser und auf grund der Geruchsbelästigung einen Ort am Rande der Stadt. Dies führte dazu, dass zur Blütezeit der Gerber im 17. Jahrhundert regelrechte Straßenzüge entstanden, in denen die Gerber ihrem Handwerk nachgingen. Berühmte Beispiele sind in Nürnberg, Straßburg und Prag.

Mit zunehmender Industrialisierung des Handwerks verschwanden die Gerber aus den Städten. Die letzten Hochburgen der Gerber fanden sich in Augsburg und Wien. Das Handwerk wurde mit Beginn des 18. Jahrhunderts auf ländliche Gebiete verdrängt. Hier konnte noch wirtschaftlich gearbeitet werden, wegen der Nähe zu den Metzgern und der Nähe zu den Eichenwäldern.

Josef Miller in Wittislingen war so ein Gerber, der 1828 die Lohmühle hier am alten Wittislinger Gerberstandort baute und seinem Handwerk nach ging. Die Lage ist klassisch. Die Wirtschaftsgebäude standen am Rande und am Abfluss der Egau, so das verschmutztes und stinkendes Wasser nicht durch den Ort floss. Die umliegenden Häuser haben einen respektvollen Abstand zur Gerberei gehalten.

Der handwerkliche Gerbereibetrieb wurde in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die maschinelle Produktion abgelöst. Der Herstellungsprozess konnte durch die Chromgerbung auf wenige Stunden reduziert werden. Diese Neuerungen in der Gerbtechnik bedeuteten das Aus für die meisten Gerber, auch für den Gerber in Wittislingen.

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